Tannheimer Tal vom 03.10.1996 - 06.10.1996

Spätherbst in den Bergen. Achtung Friseusen!!

1) Donnerstag, 03. Oktober 1996 (Niefern - Pfronten - Bad Kissinger Hütte)
Pünktlich wie geplant starteten wir um 8.00 Uhr zu unserer zweiten Bergtour in diesem Jahr. Das Wetter war mal wieder "bescheiden". Bereits um 10.45 Uhr fuhren wir durch Pfronten in Richtung österreichische Grenze und erreichten kurz darauf den Parkplatz bei der Breitenbergbahn in Pfronten-Steinach. Die Sonne lugte vorsichtig durch den Nebel und gab uns Hoffnung auf einen trockenen Aufstieg.
Um 11.30 Uhr querten wir über feuchte Almwiesen die Trasse der Bergbahn, ehe es in den Wald ging. Da wir genügend Zeit hatten, wollten wir durch die Reichenbach Klamm zu Fuß zur Bad Kissinger Hütte (Pfrontener Hütte) aufsteigen und auf die Bergbahn verzichten. Landschaftlich sehr reizvoll aber einsam, schlängelte sich der Weg in die Höhe, gegenüber immer ein schöner Anblick, die Ruine Falkenstein. Bald erreichten wir die Schneegrenze. Je höher wir kamen, desto grandioser wurde die Aussicht. Das ganze Alpenvorland mit seinen Seen lag unter uns: Forggensee, Weißensee und Alpsee waren deutlich zu erkennen. Die Sonne strahlte jetzt vom blauen Himmel, wir hatten Kaiserwetter.
Obwohl auf dem Weg ordentlich Schnee lag kamen wir gut voran. Bald erreichten wir einen Sattel und auf dem höchsten Punkt steigerte sich der  Ausblick zum absoluten Highlight. Links hatten wir den einmaligen Blick ins Alpenvorland und rechts unter uns lag das Tannheimer Tal mit der angrenzenden Gebirgskette.
Wir liefen weiter, überquerten die österreichische Grenze und trafen um 14.15 Uhr auf der Pfrontener Hütte (1792m) ein. In einem 9-Bett Zimmer erhielten wir noch 2 Betten. Wir packten schnell aus und machten uns gleich auf den Weg zum Hausberg, dem Aggenstein (1987m). Die letzten Meter zum Gipfel sind mit Ketten gesichert. Man konnte die Hilfe gut gebrauchen, denn einige Stellen waren vereist. Das Thermometer am Gipfelkreuz zeigte lausige 2°C plus an. Um 16.00 Uhr waren wir wieder zurück auf der Hütte.
Abends wurde es sehr eng in der Hütte und wir saßen ziemlich eingequetscht auf einer Bank. Es war sehr rauchig im Gastraum und so musste ich öfters raus ins Freie. Das Essen war ordentlich. Die Hütte wurde von zwei noch recht jungen Frauen betreut. Um 22.00 Uhr gingen wir aufs Zimmer, aber von Ruhe konnte keine Rede sein, unsere Mitbewohner machten noch lange Hüttenzauber.

2) Freitag, 04. Oktober 1996 (Bad Kissinger Hütte - Rote Flüh - Gimpelhaus)
Von unserem Bett aus hatten wir einen Logenplatz beim prachtvollen Sonnenaufgang. Nach dem Frühstück machten wir uns um 8.30 Uhr auf die Socken. Den Weg hinauf zum Vilser Jöchl konnten wir von der Pfrontener Hütte aus gut verfolgen. Unterwegs hatten wir Muse und Zeit und genossen die wunderbare Winterlandschaft. Um 10.15 Uhr erreichten wir die Sonnenalpe (1816m) wo der Lift von Grän herauf ununterbrochen Leute ausspuckte, die diesen herrlichen Spätherbsttag für eine Wanderung nutzten.
Der Wirt der Sonnenalpe meinte wir sollten lieber den Friedberger Klettersteig meiden, der sei bestimmt vereist und empfahl uns erst wieder bei der Gelben Scharte auf den Tannheimer Höhenweg zu stoßen. Dies war leider der falsche Tipp, wir waren diesmal zu vorsichtig. Wie sich später herausstellte machten wir grundlos einen riesigen Umweg der uns viele Höhenmeter kostete. Für diesen Umweg brauchten wir 2 Stunden, über den Klettersteig bis zur Gelben Scharte wären es nur 30 Minuten gewesen.
Von der Gelben Scharte zur Roten Flüh ist der Aufstieg gut versichert und für erfahrene Bergwanderer nicht schwierig. Um 13.00 Uhr standen wir auf dem Gipfel der Roten Flüh (2111m), dem dritthöchsten Berg der Tannheimer. Wir genossen mit vielen anderen Leuten den prachtvollen Ausblick hinunter zum Haldensee, auf den imposanten Pfeiler des Gimpels (2176m), auf die Zugspitze und gegenüber auf die uns bekannten Allgäuer. Nach einer längeren Rast machten wir uns an den Abstieg und erreichten gegen 15.00 Uhr unser heutiges Tagesziel, die Tannheimer Hütte (1760m). Diese  Hütte ist eine Unterkunft wie man sie heute nur noch selten findet: Klein, rustikal, urig und mit dem gewissen Etwas. Aber leider gab es nur noch einen freien Schlafplatz. Die nette Wirtin rief im nahen Gimpelhaus an und reservierte für uns zwei Lagerplätze. Wir waren natürlich enttäuscht. Wir hatte es uns so richtig gemütlich auf der Tannheimer Hütte vorgestellt und jetzt mussten wir in diesem großen Kasten, dem privaten Gimpelhaus, übernachten.
Um 16.00 Uhr trafen wir dort ein. Wir mussten unsere Übernachtung gleich bezahlen und erhielten zwei nummerierte Schlafplätze in einem 30-Mann Lager zugewiesen, doppelstöckig, aber wir hatten das Glück oben zu liegen.
Vor dem Abendessen unterhielten wir uns mit vielen Leuten, darunter auch mit einer Gruppe von der Sektion Pforzheim. Im Gastraum hing ein großes Gemälde welches das alte Gimpelhaus darstellte, das 1938/39 gebaut wurde und 1973 angeblich durch eine einzige Zigarette vollständig abgebrannt war. Das Esser war okay und um 22.00 Uhr lagen wir im Lager. Die vielen Leute verhielten sich überraschend diszipliniert. Es dauerte nicht lange, bis alle Schlafplätze belegt waren, das Licht gelöscht wurde und wir langsam eindösten.

3) Samstag, 05. Oktober 1996 (Gimpelhaus - Sabacher Joch - Musauer Alm)
Um 8.30 Uhr machten wir uns auf den Weg zur Musauer Alm. Vorgesehen war eigentlichen ein Abstecher zur Köllenspitze (2247m), aber bei diesen schlechten Witterungsverhältnissen verzichteten wir lieber darauf. Das Wetter hatte sich verschlechtert, es regnete zwar nicht, aber es konnte auch nicht mehr lange dauern.
Wir waren überrascht über die vielen Gemsen. Oft standen sie auf dem Weg und nur wenn wir ihnen ganz nahe kamen gingen sie ins Unterholz. Der Aufstieg zum Joch erwies sich als wahre Schlammschlacht. Nach einigen gefährlichen Ausrutschern waren wir endlich oben am Sabacher Joch (1862m) und hatten wieder einen prachtvollen Blick hinunter ins bayrische Alpenvorland und zum Forggensee. Der Abstieg war ein Graus, nicht steil aber matschig. Trotz Stöcke musste ich zweimal in den Matsch greifen. Weiter unten im Hochwald begegneten wir der "Gailtalerin",  wie sie leibt und lebt. Wie kam die vom Watzmann ins Tannheimer Tal?
Kurz vor der Musauer Alm (1290m) fing es leicht zu regnen an, aber wir erreichten bereits um 11.30 Uhr noch relativ trocken die Unterkunft. Nach einer heißen Flädlessuppe machten wir trotz des Nieselregens noch einen kleinen Verdauungsspaziergang zur nahen Otto-Mayer-Hütte. Hier gefiel es uns nicht besonders und so gingen wir ohne etwas zu essen wieder zurück zur Musauer Alm. Nach einem Kaffee mit Bananenkuchen verlief der Mittag etwas zäh.
Das Abendessen schmeckte uns ausgezeichnet und danach spielten wir mit den anderen Gästen noch einige Runden Karten. Nur der Rauch störte uns und dass einige Gäste doch schon ganz schön gebechert hatten. Ich ging öfters an die frische Luft und mir schien, als ob der Regen langsam in Schnee überging.
Es lagen nur wenige Schlafsäcke im Lager, es schien eine sehr ruhige Nacht zu werden. Wir lagen schon unter unseren Decken, als drei junge Frauen lustig, laut und etwa angetrunken hereinkamen. Sie holten einige Biere und Vesperbrote aus ihren Rucksäcken und spendierten eine Runde. Es waren drei Friseusen aus Wasseralfingen, die auf Betriebsausflug waren. Am Anfang war auch noch alles lustig, aber als sie anfingen mit uns Brüderschaft zu trinken und später auch noch das Lager mit uns teilen wollten, wurde es doch etwas ungemütlich und wir mussten uns unserer Haut wehren. Ich weiß nicht, ob ihre Zudringlichkeit nur auf den großen Alkoholkonsum zurückzuführen war, oder ob sie sich auch nüchtern so verhalten hätten, auf jeden Fall waren wir froh als sie in ihren eigenen Schlafsäcken steckten. Sie gaben aber noch lange keine Ruhe! Es ging ihnen ja so schlecht und sie mussten öfters zum Kotzen auf die Toilette, aber sie ließen uns jetzt wenigstens in Ruhe. Mannstolle Weiber in den Bergen hatten wir auch noch nie erlebt!

4) Sonntag, 06. Oktober 1996 (Musauer Alm - Vils - Pfronten - Niefern)
Nach dem Frühstück brachen wir um 9.00 Uhr von der Musauer Alm auf. Die drei Friseusen hatten wir im Gastraum noch nicht gesichtet, die schliefen bestimmt noch ihren Rausch aus. Das Wetter war recht passabel und so beschlossen wir nach Pfronten zu laufen und auf den Bus zu verzichten.
Wir ließen Musau rechts liegen und wanderten durch das Ranzental nach Vils. Wir überquerten die Hauptsraße und liefen einige Zeit an der alten stillgelegten Bahnlinie entlang. Bald kamen wir an das Zollhaus, überquerten die Vils auf einer schmalen Brücke und erreichten kurz darauf die Grenze. Auf dem schönen Radweg Ostallgäu-Tirol, unterhalb der Ruine Falkenstein, wanderten wir weiter und entdeckten bald die Breitenberg Seilbahn. Um 12.00 Uhr waren wir am Parkplatz.
Auf der Autobahn hatten wir einige Staus. Wohlbehalten an Leib und Seele erreichten wir um 16.15 Uhr Niefern.
 

[Breitenbergbahn] (Pfronten)
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[Bad Kissinger Hütte] (Pfrontener Hütte)
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[Friedberger Klettersteig]
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[Gimpelhaus]
[Köllenspitze]

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