6) Samstag, 05.10.02 Besisahar (820m) - Ngadi (880m)

 

  6.30 Uhr aufstehen, frühstücken und um 7.45 Uhr geht es endlich richtig los. Purna hat nur einen Minirucksack dabei, er trägt zusätzlich Reinhards zweiten Rucksack. Beim Anblick meines Gepäcks, schaut er etwas skeptisch drein, er meint es wäre ziemlich schwer. Ich tue so, als ob es mir nichts ausmacht, aber er hat Recht. Ich vermute, es sind locker 13 kg.

 

  Gleich nach dem Ortsausgang geht es rechts eine steile, schmale Steintreppe hinunter zum Marsyangdi-Fluss. Der Weg führt über eine abenteuerliche Bambusbrücke. Gleich ein „schwerer Einstieg“ in die Tour, ähnlich wie bei den meisten Klettersteigen in den Alpen. Es ist sehr warm und schwül. Wir machen eine Pause in einem kleinen bhatti (kleines Wirtshaus) und erfrischen uns. Unsere Klamotten sind schon nach kurzer Zeit vollkommen durchgeschwitzt. Wir kommen mit anderen Trekkern ins Gespräch, Slowenen und Spaniern.

  Um 11.00 Uhr erreichen wir Bhulbhule. Gleich nach der Hängebrücke verschwinden wir in einer Lodge, es gibt Gemüsenudelsuppe und Tee, alles ist genießbar! Nach einer Stunde Rast marschieren wir um 12.00 Uhr weiter. Gleich nach der Lodge ist der erste ACAP-check point.

 

  ACAP: Das ACAP wurde 1996 unter königlicher Schirmherrschaft der King Mahendra Stiftung für Naturschutz gegründet. Der Himal und die angrenzenden Berge werden im Rahmen des Annapurna Conservation Area Project (ACAP) geschützt, für das jeder Trekker Eintrittsgebühr (2000 NPR) zu entrichten hat. Das Geld kommt einem guten Zweck zu. Der Naturpark wird vom nicht staatlichen Trust ACAP verwaltet und verfolgt ein doppeltes Ziel: Das natürliche und kulturelle Erbe der Region  zu bewahren und gleichzeitig dauerhafte wirtschaftliche und soziale Vorteile für die einheimische Bevölkerung zu schaffen.

  Beispiele: Kerosindepots zum Schutz der Wälder, Wiederaufforstungsprogramme, Lehrgänge für Lodgebesitzer und für Inhaber von Kleinbetrieben, Bau von Wasserstellen, Hängebrücken, Müllgruben und Latrinen. Vereinheitlichung der Lodge- und Essenspreise und deren Kontrolle. Auch die fantastische Idee und Ausführung der safer-water-station ist ein Kind von ACAP. Die Organisation hat in verschiedenen Orten ihre Stützpunkte.  Neben der nepalesischen King Mahendra Mutterstiftung haben sich im Lauf der Jahre auch zahlreiche Länderkomitees im Ausland gegründet, so beispielsweise das Deutsche Komitee der King Mahendra Stiftung für Naturschutz in Nepal e.V. mit Sitz in Köln. Die deutsche Sektion unterstützt das ACAP, dessen Büro in Ghandruk im November 2002 von Maoisten verwüstet wurde.

 

  Der Weg führt weiter entlang an herrlichen Reisterrassenfeldern des unteren Marsyangdi-Tales. Wir kaufen uns zur Abwechslung unseres Speisezettels ganz kleine Bananen. Hier wachsen auch Orangen, Zitronen und andere exotische Früchte. Wir befinden uns inmitten eines Blütenmeeres aus Bougainvillea, Hibisken, Oleandern und Malven. Die liebenswerten Rotznasenkinder entdecken uns schon von weitem und fragen nach Sweets, Pens and Balloons. Für ein Bonbon lassen sie sich gerne fotografieren. Die Gegend ist landschaftlich sehr schön und recht fruchtbar, man denkt hier mehr an Indonesien als an Nepal.

  Bereits um 14.00 Uhr erreichen wir Ngadi (880m). Shiva hat das „Hotel“ Mina für uns ausgesucht. Routine: kleine Wäsche (Reinhard macht die erste Wäsche seines Lebens!), duschen, schreiben. Anschließend setze ich mich an den Bach und mache Fußnagelpflege, dabei entdecke ich so einiges vom Dorfleben, das sich hier hauptsächlich am Bach abspielt. Schafe und Donkies gehen nicht über die Brücke, sondern werden durchs Wasser getrieben. Auf einem großen Stein in der Bachmitte werden 2 Hühner (Abendessen?) gerupft, weiter oben spült eine Frau Geschirr ab und ganz in meiner Nähe werden Innereien und Därme von zwei frisch geschlachteten Schafen im Wasser gereinigt. Das Fleisch wird gerecht an alle Dorfbewohner verteilt und durchs Dorf getragen. Alles geschieht ruhig, lustig und auch die Kinder helfen eifrig mit.

 

  Gegenüber unserem „Hotel“ spielt Shiva mit anderen Trägern auf einer Mauer mit kleinen Steinen auf einem aufgemalten Spielfeld, Tiger and Goats (Tiger- und Ziegenspiel, [Bagh Chal]), ein nepalesisches, strategisches Brettspiel. Reinhard begreift nach anfänglichen Missverständnissen schnell die Regeln und spielt eifrig mit. Wir wissen nicht, dass uns dieses Spiel auf dem ganzen Circuit begleiten wird. Wir lernen Roland aus Thüringen und Reiner aus Göppingen kennen und unterhalten uns kurz mit ihnen. Sie sind organisiert in einer Zweiergruppe mit einem netten Guide und einem Porter unterwegs.

 

  Wir sind nicht alleine im Hotel. Eine Gruppe Slowenen haben sich einquartiert. Sie sind organisiert unterwegs und wollen einen 6000er besteigen. Purnas Cousin ist als Träger dabei. Wir werden sie noch öfters unterwegs treffen. Maultiertransporte kommen durch die schmale "Dorfstrasse", ebenso Träger mit 30-40 kg Last in ihren konischen Weidetragekörben (Doko), die mit einem Stirnband getragen werden. Die Leute sind sehr fleißig und genügsam, sie arbeiten oft 15h am Tag und erhalten dafür 25$ im Monat. Der nette Boy im Tibet-Guest-House arbeitet oft 24h rund um die Uhr. Welch ein Unterschied zu unserer Welt!

  21.00 Uhr „Feierabend“ für heute! Die Lodgebesitzer holen einfach die fehlenden Holzfrontseiten, befestigen sie und das „Hotel“ hat geschlossen.

 

nächster Tag 

 

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