Bericht Famulatur im Kanti Children’s Hospital Kathmandu

Ich studiere im 9.Semester Medizin an der Uni Ulm und war in den letzten Semesterferien (Sommer 2006) 2 Monate in Nepal. Die ersten vier Wochen habe ich im Kanti Children’s Hospital eine Famulatur gemacht. Danach war ich beim Trekking zum Mount Everest Basecamp, beim Rafting und im Chitwan Nationalpark.

Organisation:
Dazu gibt’s nicht besonders viel zu schreiben, da ich eigentlich nur einen “Dean’s Letter“ vom Studiendekanat und ein Bewerbungsschreiben an Madan geschickt habe. Er und sein Bruder Sushil, der in Nepal lebt, haben dann alles was die Famulatur, den Flug und die Unterbringung angeht organisiert.

Kathmandu:
Wir waren insgesamt 11 Studenten, die über Madan’s Organisation nach Nepal geflogen sind. Die meisten waren aus Ulm, es waren aber auch Studenten aus Tübingen, Köln, München und Österreich dabei. Das erste Wochenende waren wir alle gemeinsam in Kathmandu, sind nur ich und eine Kommilitonin in Kathmandu zur Famulatur geblieben, die anderen sind nach Pokhara gefahren. Wir wurden gleich am Flughafen von Sushil in Empfang genommen und zum Hotel Metropolitan Kantipur, das im Touristenviertel Thamel liegt, gebracht. Anfangs hatten wir alle einen ziemlichen Kulturschock, da war es ganz gut, dass uns Sushil erstmal Kathmandu gezeigt hat. Außerdem sind wir alle zusammen ins Kanti Children’s Hospital und ins Model-Hospital, das Krankenhaus indem meine Kommilitonin ihre Famulatur machte, gegangen.

Nachdem ich mich an den Lärm, das Chaos und den Schmutz auf den Straßen Kathmandu’s gewöhnt hatte, hat es mir immer besser gefallen. Die Stadt ist sehr bunt, dauernd finden irgendwelche Feste statt, man kann Tempel und Stupas ohne Ende besichtigen und außerdem habe ich noch einige andere ausländische Studenten kennen gelernt. Und wenn es gar zu stressig wurde, konnten wir uns immer noch in unseren kleinen Hotelgarten zurückziehen. Das Hotel ist ein Familienbetrieb und wir wurden sozusagen „adoptiert“. Unser Hotelbesitzer war Arzt und er hat uns zu einigen Familienfesten und in sein Mini-Praxiszimmer mitgenommen. Einmal sind wir in ein Bergdorf gegangen, um dort Medikamente und Spielsachen abzugeben, das war auch sehr schön und wir konnten das nepalesische Leben kennen lernen.

Kanti Children’s Hospital:
Das Kanti hat ca. 200 Betten und ist ein reines Kinderkrankenhaus. Es handelt sich um ein staatliches Krankenhaus, was bedeutet, dass viele arme Familien, oft von weither aus Bergdörfern in dieses Krankenhaus kommen. Direkt nebenan befindet sich das Teaching Hospital, das Lehrkrankenhaus der Universität in Kathmandu. Daher arbeiten auch einige nepalesische  „Final Year“- und Intern-Studenten im Kanti und es finden nachmittags häufig Kurse und Patientendemonstrationen für diese Studenten statt, bei denen ich auch teilnehmen konnte.

Für die ausländischen Studenten ist ein Angestellter, Bishop Joshi, zuständig. Man muss ihm 35 Dollar pro Woche bezahlen, um beim „Elective Course“ teilnehmen zu dürfen und hinterher eine Unterschrift auf dem Famulaturzeugnis zu bekommen. Bishop erzählt jedem, dass das Geld in einen onkologischen Fond käme, von welchem Behandlungen für Kinder bezahlt würden, die kein Geld haben. Ich habe allersings mehrere Ärzte nach diesem Fond gefragt, keiner wusste was davon. Ich habe mich sehr darüber geärgert, aber so läuft das eben in Nepal.

Man kann sich selbst aussuchen, auf welchen Stationen man famulieren möchte. Ich war eine Woche auf der Onko und Cardiologie, dann zwei Wochen auf der Allgemeinpädiatrischen Station und Ambulanz und dann noch eine Woche in der chirurgischen Abteilung.

Alles in allem waren alle sehr freundlich zu mir. Anfangs hatte ich ziemliche Sprachprobleme, konnte nicht mal erkennen, ob die Ärzte nepalesisch oder englisch reden. Das hat sich aber mit der Zeit gebessert. Außerdem hab’ ich einmal in der Woche einen nepalesischen Sprachkurs besucht, der vom Teaching Hospital für ausländische Medizinstudenten angeboten wurde und habe dort ein paar Sätze nepalesisch gelernt.

Gut war auch, dass ich in der 2.Woche in eine Intern-Gruppe aufgenommen wurde und mir die nepalesischen Studenten viel erklärt haben und für mich die Anamnese auf englisch übersetzt haben. Es gibt im Kanti viele ausländische Studenten und man muss irgendwie selbst schauen, dass man an einen Arzt oder an Studenten gerät, die viel erklären, englisch reden und nicht genervt sind. Mr. Joshi war da keine große Hilfe.

Es war aber sehr interessant, kennen zu lernen, wie sie dort mit sehr einfachen Mitteln zu einer Diagnose kommen. In der Ambulanz konnte ich viel über Auskultation und körperliche Untersuchung lernen. Man sollte aber nicht denken, dass man besonders viel machen darf. Blutentnahmen und Zugänge legen wird vom Pflegepersonal erledigt. Man kann bei Verbandswechsel und Lumbalpunktionen assistieren, bei der Visite mitgehen, im OP zusehen und in der Ambulanz Kinder untersuchen.

Die häufigsten Krankheitsbilder waren Meningitis, Pneumonie und Harnwegsinfekt. Ich habe einige Kinder mit Tuberculose, Unterernährung, Hepatitis, Enzephalitis, Herzfehler, Leukämie, Lymphom gesehen.  Die Eltern bringen ihre Kinder oft spät ins Krankenhaus, so dass die Stadien schon sehr weit fortgeschritten sind. Es war oft traurig zu sehen, dass Kinder sterben müssen, weil kein Geld für die Behandlung da ist oder weil sie zu spät ins Krankenhaus gebracht wurden. Die Wartezeit für eine Leistenhernien-Op beträgt zum Beispiel 3-4 Jahre. Die hygienischen Verhältnisse waren sehr schlecht und das Krankenhaus wirkt alles in allem schon recht chaotisch.

Ich bin froh, dass ich das mal sehen durfte und würde die Famulatur wieder dort machen. Man sollte sich aber vorher schon überlegen, ob man das alles möchte, oder ob man nicht lieber in ein privates Krankenhaus geht, das besser ausgestattet und hygienischer ist.

Freizeit:
Die Arbeitswoche dauert in Nepal von Sonntag bis Freitag, das heißt, man hat auch als Famulant in der Regel nur am Samstag frei. Es gibt aber immer wieder Feiertage, an denen man nur den halben Tag arbeiten muss. Unter der Woche haben wir nicht so sehr viel unternommen. Meistens hat es nach der Arbeit in Strömen geregnet und wir haben abends noch in einem der vielen Touri-Lokale in Kathmandu gegessen oder uns mit anderen Studenten getroffen. Ab 23.30 sollte man allerdings nicht mehr unbedingt alleine in den Straßen Kathmandu’s rumlaufen - da sind dann nur noch komische Menschen unterwegs. An den Wochenenden (bzw. freien Samstagen) waren wir auf Familienfesten unserer Hotelangestellten, in Pokhara oder in Bhaktapur.

Nach der Famulatur hatten wir noch vier Wochen Zeit. Wir waren beim Trekking zum Mount Everest Basecamp. Das war wunderschön und kann ich nur jedem empfehlen! Außerdem waren wir beim Rafting und im Chitwan Nationalpark (Dschungel und Elefantenreiten).

Fazit:
Es war eine sehr schöne Zeit in Nepal. Ich glaube, ich habe noch nie soviel in 2 Monaten erlebt. Die Nepalesen sind sehr gastfreundlich (manche können auch ein bißl nerven). Alles war super organisiert – kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen!!!

 

Daniela Daser

[Kanti Children's Hospital Kathmandu]

[Famulatur Pädiatrie in Nepal]

 

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