MUSTANG-TREKKING 6. Tag

08. Mai 2011, Lo Manthang - Lo Gekar - Ghemi, 6h

Wache gegen 5.00 Uhr auf und habe wieder highcamp-feeling, es wird Zeit, dass wir in tiefere Regionen kommen. Kurz bevor wir losgehen erhält Reinhard sein goldenes Kreuz. Er hatte es schon abgeschrieben und freut sich dementsprechend. Reinhard fühlt sich nicht gut, seine Erkältung hat sich verschlechtert, er nimmt weiter Penicillin. Meine Wasserblase macht mir auch zu schaffen! Desinfizieren, abtapen und hoffen, dass es weitergeht. Ansonsten muss ich in meinen Trekkingsandalen weiterwandern, aber die sind halt nicht so stabil.

 

Wir bezahlen zusammen 7000NR (all inclusiv) und machen uns auf den Weg zum höchsten Pass unserer Tour. Es ist unglaublich klar heute Morgen. Die beiden Wehrburgen auf den grauen Hügeln sind gestochen scharf zu erkennen. Sie sicherten einst das Königreich und die Zollhoheit über den Salzhandel mit Tibet. Die linke Burg ist heute eine Stätte für [Himmelsbestattungen].

 

Einige Lopas sind auch schon unterwegs. Sie errichten auf einem Feld aus luftgetrockneten Steinen eine Mauer. Wir laufen gemächlich aufwärts an ihnen vorbei, während sich über den Bergen etwas zusammenbraut. Dunkle Wolken verfinstern den Horizont und lassen nichts Gutes vermuten. Falls das wirklich unser Pass ist, den  Purna mir heute morgen gezeigt hat, dann hängen hier die dunklen Wolken, in der Aufstiegsrinne liegt etwas Schnee und wir haben noch einige Höhenmeter vor uns.

Über hügeliges Gelände folgen wir dem breiten Tal nach Norden und schauen immer wieder zurück nach Lo Manthang, das zusehends kleiner und kleiner wird. Der Weg ist breit und angenehm zu laufen. Die Wolken haben sich wieder verzogen, aber es ist kühler geworden. Am Wegesrand entdecken wir klitzekleine gelbe Blümchen, sie ähneln unseren Butterblumen. Ich bin erleichtert, unser Weg macht nun einen Bogen nach links, weg vom angeblichen Pass, Puna der Scherzkeks hat mich mal wieder verarscht!!!

Ohne jegliche Probleme erreichen wir bereits nach 2h gegen 9.30 Uhr den beflaggten Steinhaufen des Marang (Chogo) La Passes auf 4325m Höhe.

 

Nun folgt ein wunderschöner Weg, leicht bergab, nach [Lo Gekar] (3925m). Nachdem wir eine enge Schlucht passiert haben erhaschen wir einen ersten Blick auf eine lange Einfriedung und auf viele kleine rote Chörten, die Gompa kündigt sich an. Kurz vor dem Kloster müssen wir noch einen kurzen Anstieg bewältigen, passieren eine kleine Wiese mit weidenden Pferden, kommen an mehreren für Mustangverhältnisse riesigen Bäumen vorbei und stehen nach 1,25h, ab Pass, vor der roten Gompa.

Auf dem Gelände der Gompa haben sich überraschend viele Leute versammelt und rasten, Touris, Einheimische, sowie auch unsere Studenten aus Lo Manthang. Auch wir machen an der Gompa eine Pause und riskieren einen Blick ins Innere. Eine Deutsche Trekkerin wirft sich gerade auf den Boden und betet.

 

Lo Gekar (Ghar Gompa), das "Kloster der reinen Tugend", wurde von dem buddhistischen Lehrmeister und Guru Padmasambhava auf seinem Weg nach Tibet um 800 gegründet. Es ist einer der wichtigsten buddhistischen Pilgerorte im Himalaja und für den tibetischen Buddhismus von sehr großer Bedeutung, ist aber nicht ständig bewohnt. In beiden Geschossen befinden sich sehr schöne Malereien auf Tafeln; ein Ort mit großer spiritueller Ausstrahlung.

Padmasambhava brachte im 8. Jahrhundert den Buddhismus nach Tibet, dabei musste er sich mächtigen Bön-Dämonen (Bön = vorbuddhistitische Religion in Tibet) entgegenstellen. In  Lo Gekar bezwang er den größten Dämon. Wo dessen Körper zu Boden fiel wurde Lo Gekar und unzählige kleine Chörten errichtet, sein Blut färbte die Felsen von Drakmar rot und seinen Darm findet man als Manimauer bei Ghemi.

 

Den nächsten Pass im Visier verlassen wir gegen 11.30 Uhr diesen spirituellen Ort an dem Padmasambhava auch einige „verborgene Schätze“ hinterlassen haben soll. Darunter Schriften, die er versteckte, um sie vor den Feinden des Buddhismus zu schützen und sie der Nachwelt zu erhalten. Ein Mönch fand hier vor ca.1000 Jahren die ersten dieser Schriften.

Linker Hand liegt das Dorf Marang und noch weiter unten entdecken wir Tsarang.

 

Gegen 13.00 Uhr stehen wir auf dem letzten Pass für heute, dem Muila Bhanjyang (4170m). Nun geht es durch einen sehr stark erodierten Canyon extrem steil und rutschig hinunter nach Drakmar. Ich möchte hier nicht aufsteigen müssen!

 

Was jetzt folgt ist der absolute Höhepunkt dieser Königsetappe. Man kann diese Landschaft nicht beschreiben man muss sie life erleben. Diese roten Felsformation, -türme, -burgen und -zinnen sind einzigartig auf der Welt. Der Legende nach stammt die rote Farbe des Gesteins vom Blut des gewaltigen Dämonen den Padmasambhava in Lo Gekar getötet hat.

 

Ich will es aber genauer wissen und nehme unter extrem windigen Bedingungen eine Probe davon mit nach Hause und lasse sie untersuchen.

 

Hier die Analysenergebnisse:

blaues Gestein:       Na1,2Mg0,4Al6Si17K1,5Ca2,8Fe0,8O7
rötliches Gestein:    Na0,8Mg0,3Al8Si16K1,5Ca0,7Fe2,4Ti0,2O7

Wegen den unterschiedlichen Farben habe ich vermutet, dass der Eisengehalt (Fe) der beiden Gesteinsarten deutlich verschieden ist, aber zwischen Fe0.8 und Fe2.4 ist kein großer Unterschied.

 

Direkt unterhalb der roten Felsen kehren wir in einer relativ neuen Lodge auf eine kurze Teepause ein. Für Daniel kaufe ich einen tibetischen Teeziegel. Da es laut Purna in Drakmar nur zwei sehr einfache Logdes gibt laufen wir, trotz Müdigkeit und starkem Wind,  weiter in Richtung Ghemi. Die fantastische Landschaft verleitet uns häufig stehenzubleiben um zu fotografieren, sie ist wirklich grandios!!! Rote Felsen, stahlblauer Himmel, eine grüne Wiese mit einem blauen Tümpel und überall braune, weiße und schwarze Pferde, ein Bild wie aus einem Traum, wie aus einer anderen Welt.

 

Zum Abschluss der heutigen Tour hat Purna noch eine kleine Überraschung für uns auf Lager, eine kleines Pässchen kurz vor Ghemi.

Unter uns liegt Ghemi, wieder so ein spektakulärerer Blick an dem man sich nicht satt sehen kann. Wir müssen runter zum Fluss, dann geht es über eine Holzbrücke mit Gebetsfahnen, anschließend hoch zum Dorf und endlich gegen 15.30 Uhr (1h ab Drakmar) sind wir wieder bei Tari im Hotel Royal Mustang in vertrauter Umgebung.

 

Ghemi (3510m) ist ein beeindruckendes Dorf mit einer malerischen Chörten-Gruppe. Weiter befindet sich hier auch die längste Manimauer Mustangs (ca. 400m), sowie eine Arztpraxis in der westliche Medizin praktiziert wird. In Upper Mustang erreicht nur die Hälfte der Kinder das 5. Lebensjahr und bei jeder 10. Geburt stirbt die Mutter. Deshalb ist die Hebamme zu Pferd (Hebammen Taxi, z.B. in Samar) sehr wichtig. Sie bringt die Frauen mit absehbaren schweren Geburten rechtzeitig zur Gesundheitsstation.

 

Diesmal komme ich Tari nicht aus, ich muss mit ihr in den Souvenirshop. Ich kaufe für Lena eine Halskette aus Yakknochen ein und einen versteinerten Ammoniten, einen  heiligen Saligram. Als kleine Gegenleistung verkauft sie mir [Jimbu (Allium hypsistum)], ein wichtiges Gewürz in der nepalesischen Küche, wird aber auch in der Medizin verwendet. Zuerst versteht Tari überhaupt nicht was ich will, denn meine Aussprache "Tschimbooo" ist total falsch, aber dann lacht sie und klärt mich auf: Jimbuuu nicht Tschimbooo!!!!!

Daniel benötigt das Gewürz für seine nepalesischen Kochkünste und gab mir den Auftrag Jimbu (Himalajazwiebel) in Mustang einzukaufen. Das Gewürz sieht aus wie Heu, bzw. wie getrockneter Schnittlauch, schmeckt würzig und wächst vorzugsweise in Mustang in großen Höhen. Man bekommt es hier unverschnitten, also nicht halb Heu und halb Jimbu, wie in Kathmandu.

 

Tari trägt wie alle verheirateten Frauen in Mustang einen tollen Halsschmuck. Er  bestehend aus einem großen Türkis der von zwei roten Korallen umgeben ist, aber Taris Schmuck ist besonders schön. Ich bin total begeistert. Daraufhin zeigt sie uns ihre Hochzeitsbilder. Sie, in tibetischer Hochzeitskleidung, mit ihrem fantastischen Hochzeitsschmuck, wauh!!! 

Sie zeigt uns auch Bilder von ihrem Haus und ihren Kindern in Kathmandu. Wenn man Bista heißt und mit dem Raja verwandt ist, ist man nicht arm.

 

Heute essen wir Dal-Bhat und nach unserer obligatorischen Zocker-Runde gehen wir gegen 20.00 Uhr aufs Zimmer, ich in der Gewissheit heute einen meiner schönsten Tage in meinem Leben erlebt zu haben.

 

               nächste Etappe, Shyangmochen

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